Die Geschichte vom Würfelchen


Weit entfernt, hinter hohen Bergen, weiten Feldern und großen Seen, dort liegt das Land der Kugeln. Dort ist alles rund.  Die Türen dort sind rund, die Straßen sind halbrunde Kullerbahnen, Stühle, Betten und Sofas – alles dort ist rund.

Dort lebte einst ein kleines Würfelchen. Für das kleine Würfelchen war das Leben im Kugelland oft nicht einfach. Mit seinen Ecken und Kanten blieb es ständig hängen, es stieß überall an, die Kugeln um ihn herum holten sich blaue Flecken und auf den geschmeidigen Kullerbahnen kam es überhaupt nicht voran, weil es einfach nicht hinunterkullern konnte. Die Kugeln schimpften oft ein bisschen, weil er einfach nicht dazu passte. Da war das kleine Würfelchen oft sehr traurig. Es wollte gern dazugehören, aber egal, was es tat, es wurde nicht so schön rund und geschmeidig, wie die anderen Kugeln.

Eines Tages nahm sich das Würfelchen sein Köfferchen und ging auf eine Wanderung. Er lief eine Weile und kam irgendwann in das Land der Würfel. Da waren viele Würfel, genauso, wie er.

„Hallo Würfel, wie geht es euch, was macht ihr so?“, fragte das Würfelchen.

„Wir machen nicht viel, wir stehen nur rum. Bewegung ist uns zu anstrengend. Außerdem sind wir zu eckig und kantig und stoßen überall an.“, antworteten die Würfel. Aber sie sahen nicht glücklich aus. Dort wollte das kleine Würfelchen nicht bleiben. Im Kugelland war es nicht glücklich gewesen aber auch hier waren die anderen Würfel nicht besonders fröhlich. Niemand bewegte sich und es ging überhaupt nicht vorwärts. Also ging das kleine Würfelchen zurück.

Als es wieder im Kugelland ankam, erhob sich ein starker Wind. Die Kugeln konnten sich nicht festhalten, der Wind blies sie einfach davon. Nur das kleine Würfelchen mit seinen Ecken und Kanten blieb fest stehen, wo es war. Der Wind konnte ihm nichts anhaben. Das merkten auch die Kugeln und ein paar konnten sich hinter dem Würfelchen verstecken. Bald hatte sich der Sturm gelegt, aber am Himmel gab es immer noch viele dunkle Wolken und der nächste Sturm war schon abzusehen.

Da hatte das Würfelchen eine Idee: es rief die anderen Würfel aus dem Würfelland und bat sie um Hilfe. Die kamen auch, so schnell sie konnten und gemeinsam bauten die Würfel eine große Mauer. Als der nächste Sturm begann, versteckten sich die Kugeln hinter der Mauer und dieses Mal wurde keine einzige Kugel weggeweht.

Die Kugeln waren nun sehr froh, die eckigen und kantigen Würfel bei sich zu haben. Und auch die Würfel waren froh, dass sie etwas Sinnvolles tun konnten und dass nicht immer alle über sie meckerten.

Von da an lebten Würfel und Kugeln zusammen in einem Land. Sie halfen sich gegenseitig und konnten ihre Stärken und Schwächen gut untereinander ausgleichen.

Ecken und Kanten sind für einen selbst  und Außenstehende nicht immer einfach. Wenn du ein bisschen anders bist, wenn du mehr Ecken und Kanten hast, verzweifelst du vielleicht manchmal an dir selbst. Andere verstehen dich vielleicht nicht, weil deine Ecken und Kanten mentaler Art sind und diese von außen nicht zu erkennen sind. Vergiss dabei aber nie: Menschen, die anders funktionieren, machen das Leben bunter, interessanter und diverser – und brauchen wir nicht gerade sowas?

Titelbild: Adobe Stock/Christian Horz


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